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Nocebo – Modernes Voodoo und wie wir massenhaft darauf hereinfallen


Die Erwartungshaltung als selbst erfüllende Prophezeiung

Im Jahr 2007 hatte der Amerikaner Derek Adams einen ordentlichen Streit mit seiner Freundin. Die Beziehung schien in die Brüche gegangen zu sein. 

Daraufhin schluckt der Adams den gesamten Inhalt einer Monatspackung Antidepressiva – 29 Pillen auf einmal.

Kurze Zeit später brachte der Nachbar einen zittrigen Adams in das nächste Krankenhaus, wo man gefährlich niedrigen Blutdruck und Schwindel feststellte. Der Bluttest ergab: keinerlei Toxine feststellbar. Obwohl der Patient über die nächsten 4 Stunden 6 Liter an Infusionen erhielt, verschlechterte sich Adams Zustand immer mehr. 

Dann wurde ein Arzt zurate gezogen, der einen Medikamententest leitete, an dem Adams ein Monat zuvor teilgenommen hatte. Dieser informierte den Patienten, dass er in der Placebo Gruppe der Studie war, also nur Tabletten ohne Wirkstoffe erhalten hatte.

Innerhalb von 15 Minuten normalisierten sich daraufhin der Blutdruck und die Herzrate, und der Patient konnte bald darauf entlassen werden. 

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Den Placebo Effekt kennt man, die Nocebo Variante ist aber mindestens genauso wichtig

Der Fall ist ein klassisches Beispiel für den Nocebo Effekt. Dieser wurde erstmals im Jahr 1961 definiert, als man herausfand, dass der Placebo Effekt auch in die andere Richtung funktioniert. Dass also ein eingebildetes Medikament oder auch eine eingebildete äußerer Gefahr äußerst reale Wirkungen hervorrufen kann – und zwar negative.

Erst in den letzten beiden Jahrzehnten wird der Nocebo Effekt vermehrt erforscht. Die Problematik dabei ist, dass es ethisch kaum vertretbar ist, gesunden Personen einen krankmachenden Effekt zuzumuten. 

Dennoch weiß man: circa 25% aller Probanden eines Medikamententests entwickeln die Symptome, die unter den Nebenwirkungen beschrieben sind. Dabei sind diese Personen aus der Placebo Gruppe, sie haben also gar keinen Wirkstoff erhalten.

Alleine die Erwartungshaltung hat die Symptome ausgelöst. 

Clifton Meador war Arzt an der Vanderbilt School of Medicine in Nashville, Tennessee, der Nocebo Fälle dokumentierte. Er sagt:

„Bad news promotes bad physiology – Schlechte Nachrichten begünstigen einen kränkelnden Organismus”

DR. Clifton Meador, Nocebo Spezialist

Kaum jemand aus der westlichen Welt würde sich von einem Voodoo Zauber beeindrucken lassen. Wie wäre es aber mit einem Menschen, der Titel wie Doktor oder Professor vor seinen Namen schreibt, einen weißen Kittel trägt und auf einen Stapel Labor Befunde verweist, auf denen seine verheerenden Prognosen beruhen, die ab nun Ihr Leben bestimmen werden?

Selbst wer „wichtig“ ist, entkommt dieser Art von modernem Voodoo nicht: Immer mehr Führungspersonen aus Wirtschaft und Politik unterziehen sich brav sogenannten „Check-ups“. Die Idee: Gesunde werden untersucht, um Krankheiten bereits in einer frühen Phase zu entdecken. Die Krux dabei: Selten werden dabei Krankheiten entdeckt, oft aber sogenannte „Normabweichungen“. Und genau diese machen aus gesunden Menschen verunsicherte Patienten.


„Das ist nicht akut, aber das sollten wir beobachten“ ist ein Satz, den viele Menschen hören, die kerngesund zu einer sogenannten Vorsorgeuntersuchung kamen und als Patienten wieder nach Hause gehen.

Die Deutsche Apotheker Zeitung geht auf dieses Thema unter dem Titel „Nocebo – Wer´s glaubt,wird krank:“ detailliert ein.

Nocebo: Achtung Ansteckungsgefahr!

Dass der Nocebo Effekt aber sogar ansteckend sein kann, wurde durch folgenden Versuch gezeigt:
Eine Gruppe von Studenten, sollte Raumluft atmen, die vermeintlich mit Toxinen versehen war. Die Teilnehmer wurden im Vorfeld über die dadurch möglicherweise auftretenden Symptome informiert. Ein Teil der Probanden sah dann einer Kollegin zu, wie diese im angesprochenen Versuchsraum genau jene Symptome, die vorher angesprochen wurden, entwickelte, also zB. Kopfschmerzen und Übelkeit. In Wirklichkeit handelte es sich aber um vollkommen normale Luft und eine Schauspielerin, die die Symptome vorspielte. Die Beobachter der Szene entwickelten dann – ebenfalls nur normaler Luft ausgesetzt – zu einem großen Teil dieselben Symptome, und zwar signifikant öfter und stärker, als jene Gruppe, die das Schauspiel nicht beobachtet hatte. 

Hans Mohl moderierte von 1964 bis 2004 die Fernsehsendung „Gesundheitsmagazin Praxis“ im ZDF. Jeweils am Tag nach der Sendung wurden viele Arztpraxen regelrecht gestürmt von Menschen, die bei sich jene Symptome aus Mohls aktueller Sendung entdeckt hatten und entsprechend besorgt waren.
Das Phänomen bekam die Bezeichnung „Morbus Mohl“, es dient bis heute als Beispiel dafür, welche Auswirkungen die Medienberichterstattung auf die Selbstwahrnehmung des Publikums hat.

Es gibt einige Publikationen, die sich eingehend mit dem Phänomen befassen, wie zB. „Diagnose Morbus Mohl – Wie Fernsehdoktoren die Praxen ihrer Kollegen füllen„. Oder: Machen die Medien krank?

Hier ein weiteres Beispiel für einen „ansteckenden“ Nocebo Effekt. Im September 2018 – also noch vor Corona – hebt Flug Emirates Flug 203 in Dubai Richtung New York ab. Im Laufe des 14 stündigen Fluges erkranken 99 von 427 Personen der Economy Klasse plus 7 Crewmitglieder an grippeähnlichen Symptomen, Durchfall und Fieber. Bei der Ankunft wird das Flugzeug unter Quarantäne gestellt und alle Passagiere einzeln untersucht. Es stellte sich heraus, dass nur 10 Personen wirklich behandlungsbedürftig waren, davon 7 Crew Mitglieder! Wären diese aber schon beim Abflug krank gewesen, hätten sie sich kaum zur Arbeit gemeldet. Andererseits ist Ansteckung und Ausbruch von Grippe selbst unter Berücksichtigung der kürzest möglichen Inkubationszeiten nicht möglich.

Ein klassischer Nocebo Effekt, vermutlich verstärkt durch das „eingesperrt Sein“ in einem Flugzeug. Können Sie sich vorstellen, was wochenlange Lockdowns in diesem Zusammenhang anrichten?

Gegenden, in denen Ausbrüche von grundloser Massenhysterie immer wieder beobachtet werden, sind der nahen Osten und auch Mittelamerika. Das Wissenschaftsmagazin Newscientist berichtet über einen Ausbruch von Massenhysterie in Nicaragua im Jahr 2003, im Zuge dessen reihenweise junge Frauen von Atemnot und sogar Erstickungssymptomen befallen wurden. Der Artikel schließt mit der Frage: „Gibt es eine Lösung?

Antwort: Die Öffentlichkeit sollte zu einer angstfreien Haltung ermuntert, gleichzeitig die Aufmerksamkeit der Medien zu dieser Problematik auf ein Minimum reduziert werden.“

Nocebo & Corona

Es kann in diesem Kontext nicht ausbleiben, den Nocebo Effekt in der Corona Krise zu betrachten. Wohlgemerkt, hier geht es nicht um die Bewertung von Corona als Krankheit, sondern nur um die Effekte, die durch die damit zusammenhängende Medienberichterstattung zwangsläufig erfolgen müssen.

Zieht man nämlich die übliche Rate von 25% an Menschen in Betracht, die sich durch entsprechende Massensuggestion „krank fürchten“, so könnte alleine schon dadurch das Gesundheitssystem überfordert werden.

Gerald Hagler (im Buch So gelingt Heilung dennoch)

Die entsprechenden Hinweise und Warnungen von Psychologen, Soziologen, Hirnforschern, Psycho-Neuroimmunologen etc. werden jedoch bestenfalls ignoriert, oft sogar gelöscht.

In einem Interview wird der Panikforscher Prof. Dirk Helbig gefragt: „Wie begegnet man einer Hysterie?“

Seine Antwort: „Durch Aufklärung. Und indem man ein Problem, von dem die Welt nicht untergehen wird, nicht unter der Lupe betrachtet und damit sehr viel größer erscheinen lässt, als es ist. Andere Sterberisiken sind deutlich größer. Die Corona-Krise ist gewissermaßen eine Reifeprüfung für unsere moderne Gesellschaft und uns alle.“

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