Tod und Trauer verarbeiten

Tod und Trauer heilen

Am 31. Mai 2023 verstarb meine liebe Lebensgefährtin Od an einem Aneurysma im Gehirn – mit noch nicht einmal 38 Jahren. 

Wie man sich vorstellen kann, war dies ein einschneidendes Ereignis für mich. 

Im Folgenden beschreibe ich, wie ich es verarbeitet habe.

Oft vergleiche ich das Leben mit einer Ozeanüberquerung in einem Segelboot. Wer mit der Seglerei nicht besser vertraut ist, hat oft ein überaus romantisches Bild davon. Man denkt an gemütliches Dahingleiten vor dem Wind, frisch gefangenen Fisch und romantische Sonnenuntergänge. 

Man vergisst meist, dass es die unvermeidlichen Stürme fernab geschützter Küsten sind, die dem Segler das Leben schwer machen und manchmal sogar zur Hölle werden lassen. 

Ein Trauerfall ist ein solcher Sturm. Eine plötzliche Extremsituation. Eine, in der plötzlich alles bedeutungslos zu sein scheint, was wir normalerweise schätzen, was das Leben schön macht.

Meditation, zur Ruhe kommen, sich zentrieren, soziale Kontakte – all das erscheint jetzt sinn- und hoffnungslos. 

Man fühlt sich in einem Raum eingesperrt, in dem ein Feuer ausgebrochen ist, dem man sich mehr oder weniger schutzlos ausgeliefert sieht. 

Je verzweifelter man versucht, es zu löschen, umso höher schlagen die Flammen.  

Wie befreie ich mich aus dieser Hölle?

Reality Check

Eine derartige Tragödie sorgt dafür, dass die meisten Dinge, die wir im Alltag hochhalten, unwichtig werden. Fast bedeutungslos. Der Grund dafür ist, dass wir mit einer Realität konfrontiert werden, die wir für gewöhnlich gerne verdrängen: Wir sind alle sterblich, haben in diesem Anzug aus Fleisch und Blut nur ein paar Jahre. Daraus folgt, dass nichts, aber auch wirklich gar nichts Bestand hat.

Nicht das, was wir schätzen, und auch nicht das, was wir ablehnen. 

Alles verändert sich, nichts bleibt, wie es ist. 

Diese Erkenntnis ist unglaublich bedeutungsvoll.

Ich kann aber auch erkennen: der Sturm, die hohen Wellen, das Hin- und Herschlagen des Bootes – all das passiert in mir.

Davon losgelöst, gibt es aber den stillen Beobachter aller Dinge, der in seinem Kern unbeeindruckt von jeder Veränderung ist, was es auch immer sein mag.

Der spürt, dass er sich einen Film ansieht, einem Traum beiwohnt. 

Das Wahrnehmen dieses Beobachters ist der erste große Trost. Dieser ist das stille Auge des Tornados, in dessen Zentrum alles in Ordnung ist – vollkommen unberührt von jeglichem Aufruhr. 

Wo immer sich der Sturm hinbewegt – das Zentrum bleibt das Zentrum.

Und man erkennt aus diesem Zentrum heraus, dass kein Sturm von langer Dauer ist. 

Man erinnert sich vielleicht an vergangene Ereignisse, die einen zu Boden schleuderten, von denen man sich aber doch wieder erholte. 

Nach denen man – aller Dramatik zum Trotz – doch wieder in seine Mitte zurückfand. 

Und man sieht ganz klar: diese Mitte ist meine wahre Natur. 

Und jedesmal, wenn mich die Wirbelwinde des Lebens erfasst haben, kehrte ich gestärkt in meine Mitte zurück, wurde diese Mitte umfassender, unerschütterlicher. 

Rollen und Rollenwechsel

In mir gibt es denjenigen, der trauern, weinen, vermissen und zum Teil auch nicht verstehen will. Ich weiß, dass dies natürlich ist und nicht unterdrückt werden sollte. 

Ich stellte mir aber auch folgende Frage: Gibt es in mir eine Instanz, die fähig ist, ohne Od weiterzuleben? 

Diese Frage beantwortete ich mit Ja.

Ich erkenne also in mir zwei ganz unterschiedliche Rollen. Denjenigen, der trauen möchte, aber auch denjenigen, der wieder glücklich und unbeschwert sein möchte, der in die vollkommene Akzeptanz dessen gegangen ist, was unwiderruflich passiert ist.

In den Tagen nach der Todesnachricht wechselte ich bewusst zwischen diesen beiden Rollen. Ich gebe dem Trauenden die Zeit, die er braucht – mehr dazu im Folgenden – schlüpfe aber auch ganz bewusst und mit Haut und Haaren in die Rolle dessen, der Trauer und Leid bereits überwunden hat.

Trauerarbeit muss gemacht werden, keine Frage. Aber, wie bei jeder anderen anstrengenden Arbeit auch, braucht es Pausen, Leerläufe und Urlaube.

Die Rollenwechsel entschärfen auch die nun drohende emotionale Achterbahnfahrt.

Depression, innere Leere und Niedergeschlagenheit sind Zustände, in die ich durch tiefe Trauer hineingeraten kann. Es ist aber wichtig zu verstehen, dass ich mir zu jeder Zeit diese Frage stellen kann:

„MUSS ich JETZT deprimiert, leer und niedergeschlagen sein?“

Dann wird die Antwort ein klares Nein sein. Und in dem Moment, wo ich erkenne, dass mich innere Zustände nicht überfallen, sondern ich jeden von ihnen ZULASSE, habe ich eine Wahl.

Nämlich die Wahl, jetzt diese oder jene Rolle zu leben – beziehungsweise auszuleben.

Diese Rollenwechsel waren meine rettende Strategie. Sie haben bewirkt, dass ich mich trotz der unglaublich schmerzvollen Situation noch des Lebens erfreuen und es genießen konnte.

Auch dieser Gedanke half mir sehr: ich weiß: Sie ist an einem Ort unvorstellbaren Glücks und Friedens und auch für mich wird das Pendel wieder zurückschwingen in die Unbeschwertheit und Lebensfreude. 

Und wenn ich diesen Zustand irgendwann erreichen kann, dann ist es auch möglich, ihn gleich zu erleben.

Durch die bewussten Rollenwechsel schaffe ich es, meine Coaching-Arbeit ganz normal weiterzuführen.

Ich wage zu behaupten, dass keiner meiner Klienten bemerkt hat, dass ich gerade einen schweren Schicksalsschlag erlitten habe.

Verbundenheits- und Abschiedsritual

Am Tag nach Ods Tod hatte ich das Bedürfnis, vollkommen allein zu sein und in meinen ganz persönlichen Therapie- und Heilraum einzutreten. 

Dieser Therapieraum ist für mich die unberührte Natur. 

Ich beschloss, einen der schönsten Wasserfälle der Gegend zu besuchen, der nur über eine dreistündige Wanderung durch den Dschungel erreichbar und deswegen wenig frequentiert ist. 

Nach einiger Zeit sah ich, dass Waldarbeiter hier auf eine Weise zugange waren, welche es unmöglich machte, dem Pfad durch den Dschungel weiter zu folgen. 

War dies Absicht, damit hier keiner mehr durchkommt? Wer mich kennt, weiß dass ich mich nicht so einfach von scheinbar unüberwindbaren Hindernissen beeindrucken lasse.

Auf dem Dschungelpfad war kein Weiterkommen, allerdings war klar, dass auch der nahegelegene Fluss zum Wasserfall führen musste. 

Ich watete also einfach etwa einen halben Kilometer den Fluss stromaufwärts und erreichte so schließlich tatsächlich mein Ziel. 

Aufgrund der Wegunterbrechung vermutete ich, dass ich diesen wunderbaren Ort heute ganz für mich alleine haben würde. Und so war es dann auch. 

Als hätte es jemand für mich eingerichtet… 

Ich nahm ein Bad in dem Becken, in das drei Kaskaden aus ca. 12m Höhe so kraftvoll herunterbrachen, dass es kaum möglich war, sich darunter zu stellen. Durch das Becken wehte eine Mischung aus Wind und frischer Gischt. 

Das war genau diese wuchtige, mitreißende und erfrischende Intensität, die meine Od verkörperte. 

Pure Lebenskraft, die einen schier umhaut. 

In den folgenden Stunden verband ich mich mit ihr, hielt herzliche Zwiegespräche. Ihre feinstoffliche Essenz war für mich währenddessen unmissverständlich präsent.

Ich spürte, dass sie nicht möchte, dass ich traurig und niedergeschmettert bin. Ich spürte, dass sie in einem tiefen Frieden ist.

Und so war es nicht nur ein liebevoller, sondern auch ein fröhlicher Austausch. 

Später kletterte ich auf den höchsten Felsvorsprung der Schlucht, aus dem ein Bäumchen tapfer herauswuchs. An dieses hängte ich meine Halskette und ging für einige Minuten in eine innige geistige Umarmung mit Od. Gefasst und ruhig sagte ich ihr nochmals meinen Dank für all die wunderbaren Momente und lehrreichen Ereignisse, spürte die tiefe Verbundenheit. 

Es herrschte eine feierliche, innige Stimmung während der 3-4 Stunden, die ich ganz alleine an diesem Kraftort verbrachte.

Als ich mich langsam für den Rückmarsch bereit machte – ich hatte mir gerade meinen Rucksack umgehängt – tauchte plötzlich wie aus dem Nichts ein ungewöhnlich großer Schmetterling auf. Er war schwarz mit weißen Punkten und mit einer Spannweite von etwa 9cm erschien er schon fast wie ein kleiner Vogel.

Der Schmetterling flog eine exakte Acht um meine Beine, umkreiste zweimal meinen Kopf und flog dann weiter zum Becken, und schließlich den Wasserfall hoch, bis er an der Felskante verschwand. 

Ich übersetzte dieses Erlebnis als Zeichen von Od: “Ich bin mit dir verbunden, reise aber jetzt weiter zur Quelle.” 

Eine wunderbare Botschaft. 

Zuhause identifiziere ich diese Schmettelingsart als „The great Eggfly“. Die „fürsorglichste“ Schmetterlingsart der Welt, die einzige, die ihre Eier beschützt und sich aktiv um ihren Nachwuchs kümmert.

Dieser Schmetterling ziert nun auch das neue Cover von „So gelingt Heilung dennoch“.

Später an diesem Tag radelte ich von einem kleinen Einkauf kommend zurück zu meiner Unterkunft. Es war etwa eine Stunde vor Sonnenuntergang, als ich Zeuge einer sehr ungewöhnlichen Himmelsverfärbung wurde. Aus der einzigen Wolke, die sich vor die Sonne geschoben hatte, entsprang ein ufoartiger Satellit, der plötzlich in Regenbogenfarben zu leuchten begann. Dazu muss man bemerken, dass ein Regenbogen normalerweise eher in zarten und pastelligen Farben leuchtet. Dieses Phänomen hier erstrahlte eher neonartig-grell.

Das Schauspiel war so eindrucksvoll und ungewöhnlich, dass viele Menschen ihre Fahrzeuge anhielten, um es zu fotografieren. Leider verfügt mein Handy über keine gute Kamera, sodass ich den Moment nicht ansatzweise in seiner wahren Pracht einfangen konnte. 

Kein Wetterpänomen, sondern Ods Botschaft an mich: „Mein Leuchten geht weiter!“

Wochen später schickte mir eine liebe Freundin einen Bericht des Schweitzer “Blick”, in dem genau dieses Ereignis an diesem Tag in Nord Thailand dokumentiert war. Eine Google Suche zeigte, dass das ungewöhnliche Phänomen in der internationalen Presse Erwähnung fand. Hier der Video-Bericht des Blick.

Waren die ungewöhnlichen Begebenheiten an diesem Tag mit dem Schmetterling und der strahlenden Regenbogenwolke Zufall gewesen?

Ich habe starke Zweifel daran.

Od bei ihrer Lieblingsbeschäftigung

Schuldgefühle

Die Ereignisse, die zu Od´s Tod führten waren eine Verkettung unglücklicher Umstände. Ohne hier auf die Details eingehen zu wollen – für mich war ganz klar: hätten wir ein paar Entscheidungen anders getroffen, wäre das so nicht passiert. 

Dies erzeugt Schuldgefühle in mir. 

Ein bisschen fühlt es sich für mich so an, als hätte der Rettungsschwimmer den Ertrinkenden losgelassen. 

Bin ich am Ende verantwortlich für ihren Tod?

Ich weiß, dass dies nicht der Fall ist. Aber ein Hauch von Reue und Selbstverurteilung bleibt.

Auch die letzte Begegnung mit ihr sehe ich nun in einem ganz anderen, höchst dramatischen Licht. Hätte ich gewusst, dass wir uns an diesem Tag zum letzten Mal (in dieser Form) sehen, hätte ich mich – weiß Gott – vollkommen anders verhalten. Es tut mir leid, dass ich nicht in jedem Moment gezeigt habe, was ich ihr gegenüber wirklich fühlte. 

Ich nehme mir vor, die Endlichkeit von allen Erscheinungen ab nun viel mehr zu beachten. Das heißt, die schönen Momente viel stärker wertzuschätzen – dieser Wertschätzung auch Ausdruck zu verleihen – und die nicht so schönen als flüchtige Erscheinungen im Lebensfluss zu sehen. 

Und noch ein Aspekt gehört hierher: Man hat es Od nicht angesehen, aber sie litt unter ihren kognitiven Einschränkungen. Ich habe viel Kraft aufgewendet, um sie tagtäglich zu halten und zu stärken. 

Dieser “Aufwand” würde nun wegfallen. Viele Menschen, die einen anderen gepflegt haben, fühlen eine Art Erleichterung, wenn diese Bürde wegfällt. Und damit stellt sich die Frage: Ist solch ein Gefühl moralisch vertretbar?

Meine Antwort darauf: Nichts bleibt, wie es ist. Nimm es an.

Was Sie wollen würde

Od war trotz ihrer kognitiven Einschränkungen ein einmaliges Bündel an Lebensfreude, das noch dazu fast ausschließlich auf der Herzebene lebte. Nie würde sie jemanden traurig sehen wollen – unter keinen Umständen. Ich nehme mir vor, ihr diesen Wunsch so gut es geht zu erfüllen. 

Was sie braucht

Dieses Ereignis zeigt mir wieder einmal, wie unterschiedlich wir westlich erzogene Menschen, verglichen mit den Buddhisten, ticken. 

Man muss sich vorstellen, Od´s Körper war ganze zwei Tage lang in ihrem Elternhaus aufgebahrt. Während dieser Anblick für mich selbst über Videotelefonie schier unerträglich war, so schien die Familie auf bemerkenswert ruhige Weise damit umzugehen. 

Hier weinte niemand, nicht Mals ihr zwölfjähriger Sohn. Hier war von tiefer Trauer keine Spur. 

Stattdessen sprach man dem Leichnam unentwegt und auf ruhige Art und Weise etwas zu, so, als wäre da noch jemand, der das vernehmen könnte.

Was für uns als eine Art Gefühlslosigkeit erscheinen mag, ist für die Thais eine wichtige Verhaltensweise, um der Seele bei der Ablösung vom Körper hilfreich beizustehen. Man möchte erreichen, dass der Verstorbene auf friedliche und harmonische Weise weiterreisen kann. 

Offen gezeigte Traurigkeit, Niedergeschlagenheit und Aufruhr würden die Seele eher verunsichern und behindern, sie an unseren Schmerz anbinden. 

Ods Familie versuchte, ihr stattdessen zu signalisieren: “Wir kommen klar, und wir wünschen Dir von Herzen eine gute Weiterreise! Bald werden wir wieder mit dir vereint sein!”

Je mehr ich mich mit dieser Auffassung beschäftigte, umso logischer wurde sie für mich.

Ich möcht an diese Stelle aber auch noch von einem anderen Ereignis berichten:

Zum Zeitpunkt Ods Todes waren wir nicht beisammen. Während sie sich im Nord-Osten in ihrem Elternhaus aufhielt, befand ich mich in den Bergen an der Burmesischen Grenze.

Eines Nachts hatte ich dort wieder einmal eine außerkörperliche Erfahrung im Traum. Dies ist allerdings nicht mit einem gewöhnlichen Traum zu verwechseln. Vielmehr handelt es sich um eine Art ausschnittshaftem Erlebnis einer anderen Realität, und zwar eine, die zigfach „wirklicher“ erscheint als unsere normale.

In dieser Begebenheit spürte ich, wie sich mein Bewusstsein vom Körper ablöste und wie in einem Aufzug rasend schnell nach oben stieg. Dieser Aufstieg hatte etwas unglaublich Befreiendes, Hoffnungsvolles und Erleichterndes.

Dies entspricht exakt den Berichten, welche man von Menschen mit Nahtoderfahrungen hört, wie zum Beispiel diesem hier.

Nun wusste ich dieses Erlebnis zunächst nicht einzuordnen.

Rückblickend könnte es ganz exakt mit dem Todeszeitpunkt von Od korrelieren.

Die letzten Bilder

In Thailand wird mit dem Tod sehr offen umgegangen. Die Bilder aus dem Krankenhaus und vor allem jenes von der Einäscherung, wo ihr Körper im Sarg liegend noch ein letztes Mal von ihren Liebsten berührt wird, bevor er in den Verbrennungsofen kam, haben mir emotional extrem zugesetzt. Ich möchte fast sagen, sie haben mich traumatisiert.

Folgende Erkenntnis half mir, dies zu lösen: Die Bilder von ihrem toten Körper dürfen nicht meine Erinnerungen dominieren. Diese Bilder zeigen ja nur noch ihr Kleid, welches sie selbst zu diesem Zeitpunkt quasi bereits abgelegt hatte. 

Ich überlegte, in welcher Form ich diese für mich so besondere Person erinnern wollte.

Ich wählte einmal unser Standard Morgen-Szenario. 

Dieses sah so aus: ich komme aus dem Schlafzimmer. Sie – auf der Wohnzimmer Couch sitzend – schmeißt mir ein fröhliches “Good morning!” entgegen, springt auf und umarmt mich mit einem herzlichen Lächeln. 

In einer anderen Szene, die sich häufig abspielte umarme ich sie in einer beliebigen Alltagssituation und frage: „Habe ich dir heute schon gesagt, wie sehr ich dich liebe?“ Ihre Antwort darauf ein entrüstetes: „No!“
Worauf ich natürlich erwidere: „Ich liebe dich soooooooooo sehr!“ und hebe ihren zarten Körper dabei hoch und vollziehe eine oder zwei Drehungen wie im Tanz, was sie immer wieder in dasselbe helle Entzücken versetzte.

SO wollte ich diesen besonderen Menschen erinnern.

Leben nach dem Tod

In meinen Büchern habe ich auf physikalische Modelle hingewiesen, die herausarbeiten, warum es höchst wahrscheinlich ist – ja fast schon als gesichert angesehen werden kann – dass das Bewusstsein die fundamentale universelle Kraft ist, die die physische Dimension quasi erträumt. 

Dieses Konzept steht dem gängigen westlichen Weltbild diametral entgegen. Hier geht man ja davon aus, dass es außerhalb des physisch Messbaren nichts gibt, was für unser Leben relevant wäre. Aus dieser reinen Körper-Identifikation heraus wird der Tod als ein Ereignis angesehen, welches ultimativ alles mit der Person Verbundene auslöscht.

Wer diese Betrachtungsweise (der Welt) zu Ende denkt, erkennt, dass dies unwiderruflich zu einer existentiellen Sinnlosigkeit führen muss. 

Praktisch alle bekannten Quantenphysiker – von Plank, Einstein und Bohr bis in zu Zeilinger – kommen zu dem Schluss, dass es so etwas wie einen schöpferischen Geist geben muss, der aus einer uns unbekannten Dimension auf unsere Welt wirkt. Im Buch „Physik und Transzendenz“ erzählen Wissenschaftler von Weltrang über Begegnungen mit dem Wunderbaren. Der Autor bzw. Herausgeber Hans Peter Dürr, selbst Physiker und Schüler von Heisenberg, war übrigens jemand, der es verstand, die Implikationen wissenschaftlicher Erkenntnisse auf die Lebenspraxis zu übertagen.

Einstein sagte schon: “Unsere Realität ist eine Illusion, wenn auch eine sehr hartnäckige.”

Umso mehr Hartnäckigkeit ist von Nöten, sich mit der Idee anzufreunden, dass es eine Seinsebene außerhalb des Messbaren gibt, die die Realität nicht nur durchdringt, sondern sie höchstwahrscheinlich sogar hervorbringt. 

Die Simulationstheorien, welche ich in meinem Buch erwähnt habe, konnten – so abenteuerlich sich die Sache auch zunächst anhört – bislang nicht widerlegt werden. Ganz im Gegenteil.

Von hier aus ist der Sprung zu der Idee nicht mehr weit, dass man sich von der einen Realitätsebene in eine andere einloggen kann, wie das im Film “Avatar” dargestellt ist.

Ich glaube tatsächlich, dass wir es uns so vorstellen können: Aus unserem wahren Zuhause – einer Art All-Eins-Bewusstsein – loggen wir uns in einen Avatar, also einen Körper – ein. Wir verbringen ein paar Jahre oder Jahrzehnte in dieser Realitätsebene, welche man als Simulation begreifen könnte. Hier geht es darum, mit den vorherrschenden Umständen (Spielumgebung) bestmöglich umzugehen, „gute“ Entscheidungen zu treffen und die daraus resultierenden Erfahrungen zu integrieren.

Ist der Avatar verbraucht, loggen wir uns aus und tauchen wieder hinüber in das All-Eins-Bewusstsein.

Wie nach einer längeren Geschäftsreise, in der diverse Ziele und Aufgaben am Programm standen, kehren wir wieder nach Hause zurück.

Verschiedene fernöstliche Weisheitslehren versuchen zu beschreiben, wie diese Zwischen- und Himmelswelten aussehen.

Ich brauche mich aber nicht auf diese Beschreibungen zu verlassen. Durch meine eigenen Kurzbesuche im „Drüben“ weiß ich, in welchem absolut unbeschreiblichen, glückseligen Seinszustand sich Od derzeit befindet. 

Das Thema „Leben nach dem Tod“ ist aber auch für MICH wichtig.

Die Zeit, die mir noch bleibt, werde ich ohne sie verbringen müssen. Wie will ich diese Jahre gestalten?
Obwohl ich auch bislang schon sehr bewusst lebte, nehme ich mir vor, Ods Dahinscheiden als aufrüttelnde Erinnerung zu sehen, WIRKLICH und wahrhaftig zu leben. In jeder Stunde.
Auch nach ihrem körperlichen Tod.

Begräbnis und Alleinsein

Ods Tod passierte, während sie sich in ihrem Heimatdorf in Ost-Thailand befand. Zum Zeitpunkt, als mich die Nachricht ereilte, befand ich mich gerade in Nord-Thailand, wo ich mich im Mai/Juni gerne aufhalte, weil es ein perfekter Kontrast zum Strandleben ist, das ich sonst intensiv pflege. 

Der Ort war ideal, um diese schwierige Phase zu meistern. Denn hier kannte ich niemanden, konnte mich zurückziehen und wirklich für mich sein. Das habe ich auch sehr intensiv gemacht. Zusätzlich hatte ich weit weg von zuhause keine Trigger, wie Gegenstände von ihr oder gemeinsam besuchte Orte.

Zu Ods Begräbnis bzw. Einäscherung reiste ich nicht. Ich weiß, ich wäre dort emotional zusammengebrochen, was für keinen der Beteiligten gut gewesen wäre. 

Wie aus dem oben Beschriebenen hervorgeht, hielt ich aber mein ganz eigenes, inniges Abschiedsritual, und war auch in den Tagen danach in einem tranceartigen Zustand.

Ich denke, dass eine derartige „Trennung“ – so abrupt sie auf der Körperebene stattfindet- auf der mental feinstofflichen langsamer, behutsamer erfolgen sollte. Wir „integrieren“ eine andere Person über Jahre in unser Energiesystem und diese Anteile müssen in der richtigen Zeit losgelassen werden.

Für mich war es stimmig, dabei alleine zu sein. Erst 3 Wochen später habe ich wieder das Bedürfnis nach Gemeinschaft und sozialem Kontakt. Ich denke, jeder sollte das Recht haben, mit der Situation so umzugehen, wie es für ihn am besten ist. 

unser letztes gemeinsames Foto
unser letztes gemeinsames Foto

Danksagung

Liebe Od,
Du warst meine wichtigste Lehrerin. 
Hast mir gezeigt, wie man mit dem Herzen sieht. 
Warst ungetrübte Lebensfreude, ein purer Herzmensch, eine gute Fee, die durch die Welt tanzte und sie dabei verzauberte.
Meine Lehrzeit mit Dir ist nun abgeschlossen.
Ich werde Deine Werte hochhalten, werde versuchen, in Deinem Sinne weiterzuwirken.
Danke, my little Buddha!

In liebevoller Verbundenheit, Dein G.

Wir bleiben verbunden!

Tröstliche Gedanken & Randnotizen

  • 3 Monate nach Od´s Abschied:
    Was mir am meisten hilft, um meinen Verlust zu verarbeiten und DENNOCH freudvoll durchs Leben zu gehen ist folgende Vorstellung:
    Unser Leben verläuft in Phasen. Man könnte jede Phase auch als „kleines Leben“ innerhalb des Ganzen betrachten. Demnach wäre es also schlüssig zu sagen: Es gibt zahlreiche Geburten und Tode innerhalb unseres Lebens. Wenn ein geliebter Mensch, der seinen Körper verlassen hat, nun ganz neu irgendwo anders hin geboren wurde, so gilt das auch für uns. Der Unterschied ist: Unser Neubeginn erfolgt im selben Körper. Aber im Grunde starten wir neu. Und tatsächlich ändert sich ja so viel. Und ich finde, eine ganze Menge, von dem Neuen ist auch positiv. Zumindest fokussiere ich auf das Positive.
    Wenn ich ein Foto von meiner geliebten Maus sehe, dann muss ich auch noch oft weinen. Aber ich denke an unsere geneinsame Zeit als ein in sich abgeschlossenes Leben, aus dem wir beide herausgetreten sind. Das hilft mir, zu akzeptieren und abzuschließen.
    Nach dem Motto: Neues Leben, neues Glück.
  • Wenn ich mich an Od erinnere, dann hilft es mir, das im Präsens zu tun. Anstatt „Du WARST so entzückend.“ formuliere ich „Du BIST so entzückend.“ Damit ehre ich den Umstand, dass Od in ihrer Essenz, in ihrer Seelenqualität weiterhin existiert. Diese Qualität wird sich in ähnlicher Form weiter ausdrücken.
  • Besonders in den ersten Tagen nach so einem Trauma sollte man sich viel bewegen. Innere Aufruhr lässt sich am natürlichsten über Bewegung ausleiten. Idealerweise wendet man dafür ein paar Stunden am Tag auf und begibt sich währenddessen an die frische Luft, vielleicht sogar in unberührte Natur.
  • Radikale Akzeptanz: Ich beschließe, mich nicht gegen das zur Wehr zu setzten, was ist. Denn das potenziert den Schmerz. Anstatt „das darf nicht wahr sein“ sage ich mir: „Das ist jetzt so. DAS ist deine neue ‚Spielsituation‘. Mach das Beste draus, triff auf Basis der nun vorhandenen Prämissen möglichst weise Entscheidungen.“
  • Im Hinduismus geht man davon aus, dass die engsten Verwandten nach 40 Tagen Trauer wieder am normalen gesellschaftlichen Leben teilnehmen können. Ich kann diese Zeitangabe bestätigen.
  • Manche hinduistischen Gelehrten behaupten, dass, was uns traurig macht, nicht der Verlust des Anderen, sondern der Tod jenes Persönlichkeitsanteils IN UNS ist, welcher durch die Person geprägt wurde. Je länger ich über diese Idee nachsinne, umso schlüssiger erscheint sie mir.
  • Eine sehr tröstliche Methode kann es sein, schriftliche Zwiegespräche mit der verbundenen Seele zu führen. Manche Menschen schreiben auf diese Weise ganze Bücher.
    Die Antworten kommen während des Schreibens wie von selbst und es handelt sich dabei keineswegs um bloße unbewusste Projektionen des Schreibenden. 
  • Man fragt sich im Rahmen eines solchen Großereignisses natürlich auch, wie es mit der eigenen Sterblichkeit bestellt ist. Wie lange hab´ ICH noch? Wie will ich mich aus diesem Körper verabschieden? Was steht auf meiner Prioritätenliste ganz oben und an welche unwichtigen Dinge verschwende ich Zeit? Dies sind enorm wichtige Themen, die weiter im Fokus bleiben sollten.
  • Wenn andere mir kondolierten und ihr Mitgefühl ausdrückten, wirkte das wie Mit-Leid, welches mein eigenes triggert und verstärkt. Am hilfreichsten waren Kommentare wie: „Sie hat ihr Leben gelebt.“. Oder: „Es wird seinen übergeordneten Sinn haben, den man halt schwer begreift.“ Oder: „Ihr Lebensplan war erfüllt. Sie hat jeden Tag genutzt.“
  • Viele Stunden flossen in das Zusammenstellen dieses Artikels. Die meisten davon saß ich unter Tränen vor dem Rechner. Beim Aussuchen der Fotos, für die unten verlinkte Bilder Hommage an sie, wofür ich eine halbe Nacht brauchte, geschah etwas Seltsames. Nachdem ich hunderte Bilder von Od angeschaut und all die Szenen erinnert hatte, kehrte eine tiefe Ruhe ein. Ein Gefühl von: “ Es ist jetzt in Ordnung.“
    Als gäbe es einen Punkt, wo der Verlustschmerz, der wie Eiter in einer Wunde zunächst alles noch schlimmer macht, auf wohltuende Weise nachlässt.
    Wie eine profunde Dankbarkeit einkehrt und die tiefe Verbundenheit zu einer wunderbaren Gelassenheit führt: „Getrennt sind wir nur physisch, feinstofflich sind wir verbunden wie eh und je.“
  • Nachtrag vom 11.9.2023: Immer wieder begeneten wir uns im Traum. Es gab darunter innige Episoden, herzherreissende und relativ neutrale. Ein Psychologe würde sagen: „Er verarbeitet dadurch das Trauma“. Für mich ist jedoch klar: dies ist unser Kommunikatinoskanal. Hier werden Botschaften auf der Seins-Ebene (von Seele zu Seele) übertragen und nicht auf der Ebene des Verstandes. Exakt 100 Tage nach Od´s Tod gab sie mir im Traum zu erkennen: „Ich bin wieder auf dem Weg, mache mich bereit für eine neue Inkarnatinon – und zwar diesmal als Mann!“
    Dieser Traum schien plötzlich alles zu verändern. Ich fragte mich, ob es jetzt noch einen Grund gibt, traurig zu sein?.
    Klar, als meine Partnerin ist sie weg. Bis vor Kurzem musste ich mich damit trösten, dass sie „zu Hause“ ist. Nun wird sie (die Seele) aber bald auch hier in der physischen Dimension wieder präsent sein. In einem neuen Körper dort anknüpfen, wo sie unlängst aufgehört hatte.
    Ich nehme mir vor, nachzuforschen, ob im Juni 2024 irgendwo im erweiterten familären Umfeld von Od ein Junge zur Welt kommt. Diese Art der „Seelnesuche“ ist im Buddhismus übrigens gang und gäbe.
    Die Traurigkeit, die bis dato in Wellen über mich drüberschwappte, ist seit diesem Traum nicht mehr wiedergekommen. Es fühlt sich an, als wäre ein großer Knoten mit einem sanften Ruck aufgelöst worden….
  • Der Tod ist das Erwachen aus einem langen und sehr intensiven Traum, den wir Leben nennen.
  • Alles, was wir mit unseren Sinnen erfahren können, ist irreal, hat keinerlei Substanz (ist vergänglich und wird vergehen). Das einzige, was Bestand hat und wirk-lich ist, bleibt uns verborgen (Bewusstsein).
Od mit meiner Tochter – die beiden liebten einander wie Schwestern

Nachwort: Es ist von enormer Bedeutung, sich mit dem Themenkomplex Sterblichkeit und Tod auseinanderzusetzen. Niemand bleibt davon unberührt.
Die Thematik ist deshalb ein fester Bestandteil meiner Coaching Programme.

Foto Hommage an Od

Für diese habe ich Bilder und ein paar kleine Video Clips von und mit Od aus den letzten fünf Jahren zusammengetragen.
Der Klick auf das Bild oder auf diesen Link führt zu Youtube.
Dort gibt es über die Kommentarfunktion auch die Möglichkeit, ihr noch etwas Nettes zu sagen. Ich bin sicher, sie würde sich rasend freuen!