Selbstwirksamkeit selbstheilung

Selbstwirksamkeit und Selbstheilungskraft

Wissen Sie was Selbstwirksamkeit bedeutet und welchen Einfluss die auf einen Heilprozess hat?

Wenn man eine Laborratte in die Hand nimmt und die zweite Hand so darauf legt, dass man mit allen fünf Fingern eine Art Käfig bildet, dann wird die Ratte in den ersten Minuten nach Wegen suchen, aus dem Gefängnis zu entkommen.

Je länger man die Ratte so festhält, umso mehr schwinden deren Ambition, einen Ausweg zu finden. Schmeißt man das arme Tier dann auch noch in ein Bassin mit Wasser, so schwimmt es 30 Minuten bevor es aufgibt und vor dem Ertrinken gerettet werden muss. 

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Dieses Video enthält über den Artikel hinausgehende Selbstwirksamkeits Tipps

Eine genetisch idente Laborratte, die man schwimmen lässt, ohne sie vorher festzuhalten, hält wie lange durch?

Was denken Sie? Doppelt so lange? Zehnmal so lange? Gleich lange? 

Nun, eine Ratte der man nicht vorher Hilflosigkeit „antrainiert“ hatte schwimmt 60 Stunden. Das ist 120 mal länger. Nochmals zur Erinnerung, die beiden Versuchstiere sind gleich alt und gleich kräftig, und genetisch praktisch identisch. 

Der einzige Unterschied ist, daß man der einen Hilflosigkeit antrainiert hatte. In anderen Worten, die Ausdauer und das Durchhaltevermögen der zweiten Ratte stammte einzig aus dem Vertrauen, es schaffen zu können.

Dieses Vertrauen lässt sich also beeinflussen. 

Man kann das Konzept der antrainierten Hilflosigkeit übrigens eins zu eins auf den Menschen übertragen. Dies wurde in folgendem Versuch gezeigt: eine Schulklasse wurde vor folgende Aufgabe gestellt: jeder Schüler bekam ein Blatt Papier mit drei Worten darauf. 

Aus den Buchstaben eines jeden Wortes sollte ein neues Wort kombiniert werden. Die eine Hälfte der Schüler erhielten zwei Worte aus denen sich ganz leicht ein neues kombinieren ließ, also beispielsweise das englische 3 Buchstaben Wort BAT lässt sich ganz leicht umbauen in TAB, was diese Hälfte der Schüler in Sekundenbruchteilen schafften. 

Die andere Hälfte der Schüler erhielten zwei Worte aus deren Buchstaben sich kein anderes Wort kombinieren lässt. Sie wurden also vor eine unlösbare Aufgabe gestellt. 

Das dritte Wort auf der Liste war für alle Schüler gleich. Die Gruppe mit den ersten beiden, leicht lösbaren Aufgaben konnte dann auch aus dem dritten, deutlich schwierigeren Wort noch ein neues bilden. 

Die vor zwei unlösbare Aufgaben gestellte Kontrollgruppe hätte nun beim dritten Wort eine reale Lösungsmöglichkeit, doch sie waren bereits desillusioniert (gelernte Hilflosigkeit) und gaben beim dritten Wort schlichtwegs auf. Verstärkt wurde der Effekt der gelernten Hilflosigkeit, indem die Lehrerin zwischendurch immer wieder fragte „Wer hat schon eine Lösung gefunden“ und so noch zusätzlich ein Gefühl der Unterlegenheit und Frustration in der zweiten Gruppe auslöste, denn aus der einen Klassen Hälfte zeigten natürlich die meisten Mitschüler auf.

Prof. Martin Seligman, amerikanischer Psychologe, hat in den 60er 70er und 80er Jahren die Begriffe “Erlernte Hilflosigkeit” und in der Folge “Positive Psychologie” geprägt. Heute verwendet man – vor allem zu Thema Selbstheilungs-Kompetenz den Begriff der Selbstwirksamkeit. Welche Problemlösungs-Kapazitäten weiß ich in mir? Wieviel traue ich mir zu? Kapituliere ich rasch vor einer schwierigen Aufgabe oder arbeite ich solange daran, bis die Lösung gefunden ist? Wie ein Mensch diese Fragen beantwortet, hängt einzig von seiner Selbstwirksamkeit ab.

Vera Birkenbihl eine der smartesten Denkerinnen des deutschsprachigen Raumes, leider 2012 verstorben, sieht die Selbstwirksamkeit der Menschen im Zusammenhang mit den immer zunehmenden Annehmlichkeiten des Alltags. In anderen Worten, es wird uns immer mehr abgenommen und so müssen wir immer weniger (kleine) Probleme lösen. Beispielsweise bäckt der vollautomatische Ofen das ideale Brot, der Staubsauger fährt heute genauso wie der Rasenmäher selbstständig herum und erfüllt seine Aufgabe. 

Ein Seemann brauchte früher ein umfassendes Wissen über Navigation welches bis ins Gebiet der Astronomie hinein führte. Heute bekommt jeder Hobby Segler seine auf 3 Meter genaue Position auf den Weltmeeren von elektronischen Helfern 24 Stunden lang angezeigt, in Farbe und in Echtzeit, mit Geschwindigkeit, Kurs und Wassertiefe. 

Folglich kann heute kaum noch jemand nach Karte und Peilinstrumenten navigieren, geschweige denn nach dem Sternenbild.

Im Bereich der Selbstheilungs Kompetenz ist das nicht anders: für jedes kleine Unwohlsein gibt es ein Pillchen, das dieses einfach zum Verschwinden bringt. Zwickt es am Rücken, machen wir ruck-zuck eine Micro Invasive Operation und schon können wir weitermachen wie bisher – und das ist nicht selten ungesund. So wird nicht nur verhindert, dass ich mich auf die Suche nach der Ursache des Unwohlseins mache, sondern auch, dass ich vergesse, überhaupt die Fähigkeit zum Ursachenforschen und daraus folgenden Kurskorrekturen habe.

Wie die vorher beschriebenen Versuche zeigen, lässt sich die Selbstwirksamkeit (=Selbstheilungs-Kompetenz) jedoch gezielt trainieren und damit dramatisch steigern. 

Für manche Menschen ist das, als ob sie auf ihrem Lebensschiff plötzlich den Autopiloten entdecken, abschalten und das Steuer fortan selbst übernehmen und konsequent und bewusst in die gewünschte Richtung lenken. 

Ich sehe die Steigerung der Selbstwirksamkeit als den ersten und wichtigsten Schritt eines Heilprozesses. 

Hier ein weiterer Artikel zum Thema Selbstwirksamkeit & Selbstheilungskräfte.